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Markus Osterrieder: SONNENKREUZ UND LEBENSBAUM
Wer nicht von dreitausend Jahren
sich weiß Rechenschaft zu geben,
mag im Dunkeln fort und fort -
mag von Tag zu Tage leben.
Goethe
Die Wanderung der Kelten trennt das Mittel- vom Spät-Metallikum.
Neben der Urnenfelderwanderung ist sie vielleicht das größte historische
Ereignis des urzeitlichen Europas. Wie bei der Urnenfelderwanderung liegt auch
ihr auslösendes Moment im dunkeln. Die Geschichte von der Übervölkerung im
Bereich der Bituriger, wie sie
Titus Livius erzählt, mag wohl einen Kern Wahrheit enthalten, ob sie aber
entscheidend für die weltweite Ausdehnung des Keltentums gewesen ist, muß
dahingestellt bleiben. Wenn von der keltischen Wanderung gesprochen wird,
ersteht sofort die Frage, wo das Keltentum beheimatet war und wie es sich
gebildet hat. Damit wird wieder ein heikles Thema angeschnitten, denn, wie schon
früher angedeutet, die Lokalisierung der Kelten ist umstritten. Daß die
westliche Urnenfelderkultur nicht die älteste faßbare kulturelle Ausprägung
der Kelten ist, wird von urgeschichtlicher und linguistischer Seite immer
energischer vertreten. Daneben hat man aber gern die westliche Hallstattkultur
mit den älteren Kelten in Verbindung gebracht; doch besitzt eine solche
Orientierung schwerwiegende Konsequenzen. Hallstatt mit seinem reichen
Grabinventar zeigt deutliche Verbindungen zum westlichen Hallstattkreis, man
wird sogar sagen dürfen. Hallstatt sei der bedeutendste Exponent dieser Gruppe.
Nun liegt aber Hallstatt im ostalpinen Raum, den die Kelten erst mit der
Wanderung des 4. Jahrhunderts erreicht haben. Außerdem ist der alpine Raum die
Heimat der illyrischen Schicht. Allein schon deshalb läßt sich die westliche
Hallstattform nicht als frühkeltisch bezeichnen. Würde man es trotzdem tun,
zerrisse man die kulturelle Einheit der Hallstattform und würde ihr zwei wie
die Geschichte des 4. und 3. Jahrhunderts zeigt - sehr verschiedenartige völkische
Einheiten zuordnen.
Daß dies kaum möglich ist, wird man bei der Gebundenheit des ausgeprägten Formwollens der Hallstattkultur leicht einsehen. Doch gibt es einen noch schwerer wiegenden Einwand: die Kelten der Wanderungszeit hatten bereits einen klar ausgeprägten Kulturbestand mit einem spezifischen Kunststil, dem La-Tène-Stil. Mit Ausnahme der Kulturform im norddeutsch-südskandinavischen Raum des Früh- und Mittel-Metallikums findet sich in ganz Europa wohl keine ähnlich ausgeprägte Dekorationsart wie die der keltischen Kultur. Sucht man nach der zentralen Entstehungszone des keltischen Volkstumes, dann gelingt dies nur über die Bestimmung des Entstehungsgebietes dieses Stiles. Dazu ist noch einmal ein Rückgriff auf das Mittel-Metallikum notwendig, und zwar in jene Zeit, da durch die Ausbreitung der etruskischen Schicht über den Apennin in die Po-Ebene sowohl etruskische als auch griechische Kunsterzeugnisse dort Eingang finden und durch den Handelsverkehr mit dem Norden während des vorgeschrittenen 5. Jahrhunderts den Weg dorthin finden. Spuren eines solchen Handelsverkehrs gibt es im Gebiet der mittelmetallzeitlichen Golasecca- und der Melaun-Fritzenser Kultur im Südraum der alpinen Zone in Gestalt von griechischer rotfiguriger Keramik, aber auch von Bronzeschnabelkannen, den Oinochoën, deren bis jetzt ältestes Exemplar nördlich der Alpen aus dem berühmten Grab von Vix (Côte-d'Or) stammt, wo es noch vor 510 v. Chr. in den Boden gekommen sein wird. Das bedeutet, daß die Bronzeschnabelkanne in etruskisch-griechischen Werkstätten Mittel- und Norditaliens schon im späten 6. Jahrhundert v. Chr. erzeugt wurde. Mit den Schnabelkannen kommen auch einfache Mischkrüge (Stamnoi) und flache Bronzebecken als Handelsgut nach dem Norden. Es scheint, daß es sich dabei um eine Art Tafelgeschirr der Reichen gehandelt hat. snavelkan Bouzonville 4e eeuw v. Chr.
Mischkrüge
und Becken haben meist keine besondere Dekoration, die Schnabelkannen hingegen
bieten in der Henkelattache einen beliebten Ansatz für dekorative Ausgestaltung.
An den ältesten Stücken sind es verhältnismäßig einfache Palmetten, an
deren Stelle die Harpye, ein Vogelfabelwesen mit Menschentopf, treten kann. Die
klassische Palmette tritt immer wieder an der griechischen Keramik des späten
6. und 5. Jahrhunderts auf, hier sogar in Verbindung mit der die Palmetten
verbindenden Ranke. Beide Motive sind dem urzeitlichen Europa fremd. Als Schöpfung
der griechischen, unter östlichem Einfluß stehenden Kunst gelangten sie zuerst
auf den Boden der Apenninenhalbinsel und im Zuge des weit ausgreifenden Handels
über die Alpen nach Mitteleuropa; wie man heute allgemein annimmt, führten die
Handelswege über den Großen St. Bernhard in das Rheingebiet und teilten sich
dort nach Westen und Osten. Nun ist es interessant und durch viele Funde
unterbaut, daß sich der greifbare Niederschlag dieses Handels in einem verhältnismäßig
engen Raum nördlich der Alpen konzentriert, der etwa durch
Mosel-Saar-Mittelrhein zu umschreiben ist und weiter westlich noch das Marne-Becken
(die Champagne) einschließt. östlich davon finden sich nur vereinzelte
Vorkommen am Inn und in Südböhmen, von denen aber nicht erwiesen werden kann,
daß sie zur selben Zeit dorthin gekommen sind.
In diesem Raum ist aber von der Hallstattkultur nichts zu finden. An die
Nordgrenze der westlichen Hallstattkultur anschließend ist dies vielmehr der
Lebensraum einer anderen mittel-metallzeitlichen Kulturform, der Hunsrück-Eifel-Kultur.
Die Zone des zentrierten Schnabelkannenvorkommens nördlich der Alpen ist mit
dem Gebiet der Hunsrück-Eifel-Kultur nahezu identisch. Sie ist wie die
Hallstattkultur ein Produkt des Mittel-Metallikums und ebenfalls auf einer
regionalen Urnenfelderbasis entstanden. Doch ist sie ihr gegenüber fast ärmlich,
bringt aber ihr eigenes Formwollen im keramischen Bestand trotzdem zum Ausdruck.
Fast wird man zu einem Vergleich mit der Lausitzer Kultur verleitet, die
gleichfalls ein ausgeprägtes Formwollen in ihrer keramischen Produktion
erkennen läßt.
Citula - kerkhof Certosa Bologna 5e eeuw v. Chr. Bei der Keramik der Hunsrück-Eifel-Kultur sind es besonders drei Formen, die deutlich in den Vordergrund treten: die Fußschale, die auf der Urnenfelder basis erwachsen sein dürfte, das tonnenförmige und das konische Fußgefäß mit kräftiger Schulterbildung. Alle drei sind bereits gegen Ende des Mittel-Metallikums in ausgeprägter Eigenart vorhanden. Da diese Ware auch im östlichen Marne-Gebiet vorkommt, wird sie synonym als Marne-Keramik bezeichnet, was aber nichts über ihr Entstehungs- und Kerngebiet aussagt. Diese Keramik ist meist unverziert oder nur mit einfachen Liniendekorationen versehen, besonders schön ausgefertigte Stücke können bemalt sein. Vielleicht zeigt sich hier ein Einfluß von der im Süden benachbarten bemalten Hallstattware. Jenes Volkstum nun, das diese Hunsrück-Eifel-(Marne-)Keramik erzeugt, kommt mit dem Import von Bronzegeschirr aus dem Süden in Berührung. Es zeugt von einer beachtenswerten geistigen Beweglichkeit, daß dieser Import nicht im Lande versiegt, sondern zu neuen Schöpfungen anregt. Nicht daß etwa die Bronze-Gefäßformen in Ton nachgebildet wurden, nein, die verhältnismäßig unscheinbare Verzierung auf den Bronzen reizt jetzt die einheimischen Handwerker. Ranke und Palmette werden aus ihrer Umgebung gelöst und verselbständigt. Ein bemerkenswerter Wandel geht dabei vor sich. Die beiden Dekorationselemente werden nicht schablonenhaft übernommen, sondern nach einem ausgeprägten Formwollen neu gestaltet. Dies ist ausdrücklich zu betonen, da Ranke und Palmette auch in alpinem Gebiet als Dekorationselemente auf Bronzegefäßen dienen, hier aber so verständnislos imitiert werden, daß sie zu ausdruckslosen Gebilden erstarren. Im Gebiet der Hunsrück-Eifel-Kultur jedoch formt der einheimische Bronzeschmied - dessen Existenz in mittel-metallzeitlichen Funden kaum zu spüren war, der erst jetzt führend hervortritt - aus der Palmette und der Ranke zwei neue Dekorationselemente: das Fischblasenmuster und die S-Spirale. In geradezu genialer Weise verbindet er beide Elemente zu einer vollkommenen Einheit, mit der er nun sein dekoratives Spiel treibt. zilveren ketel Gundustrup Denemarken 4e eeuw v.
chr.
Parallel dazu vollzieht sich auch in der figuralen Kunst
ein kennzeichnender Wandel. Die aus dem Süden kommende kleinfigurale Plastik
ist ihrer Herkunft entsprechend weitgehend naturnahe gestaltet. Hier im Norden,
im Kerngebiet einer neuen abendländischen Kunstrichtung, wird diese Plastik
ihrer Naturnähe entkleidet und in Parallele zur Palmette-Ranke in geometrische
Gebilde aufgelöst. Kopf und Gesicht sind nicht mehr eine Einheit, sondern ein
Konglomerat von abstrakten kugeligen Gebilden, die die Naturform allenfalls vortäuschen.
Aus der Verbindung dieser geometrischen Gebilde mit den abstrakten
Dekorationsmitteln von Fischblase und S-Spirale entstehen neue, phantastische
Figuren, die an die Fabeltiere des orientalisierenden Stiles erinnern, mit
diesen aber in keiner Relation stehen. Betrachtet man den Fundbestand an diesen
neuen Kunsterzeugnissen, dann gewinnt man den Eindruck, daß er sehr schnell,
fast explosionsartig entstanden sein muß. Da der Schnabelkannenexport erst kurz
vor 500 v. Chr. begonnen haben dürfte, die keltische Wanderung aber um 390
bereits Rom erreicht hatte, steht - absolutchronologisch betrachtet - für das
Entstehen des La-Tène-Stils nicht allzuviel Zeit zur Verfügung. Vierzig bis fünfzig
Jahre müssen genügt haben, um aus den ersten Anregungen jenes gefestigte
Formwollen entstehen zu lassen, das uns als keltischer Stil geläufig ist.
Seinen Niederschlag findet er fast auf jedem besseren Metallgegenstand, so auf Arm- und Fußringen, Fibeln, Halsringen, Fingerringen, auf Schwertscheiden, Zierplatten und Gefäßbelägen. Dieser ausgeprägten Form des La-Tène-Stils ist es auch angepaßt, daß nun die aus dem Süden importierte Schnabelkanne im Sinne des einheimischen Formwollens umgebildet wird. Dem tönernen tonnenförmigen Gefäß mit Standfuß entspricht jetzt die gleichartig geformte Bronzekanne mit Röhrenausguß und dem tönernen konischen Fußgefäß die Bronzekanne mit scharfer Schulter. Beide tragen Verzierungen im La-Tène-Stil und sind typische Neuschöpfungen jenes Volkstums, das widerspruchslos mit diesem
Will
man also das Entstehungs- und Herkunftsgebiet jener Kelten zu erfassen versuchen,
die kurz vor 400 v. Chr. zu wandern begannen, dann wird die Aufmerksamkeit auf
das Entstehungsgebiet des La-Tène-Stils im Bereich der Hunsrück-Eifel-Kultur
innerhalb der Marne-Saar-Mosel-Mittelrhein-Zone gelenkt. Hier wird man auch das
Ausgangsgebiet der Kelten anzusetzen haben; von hier aus haben sie die Struktur
des Mittel-Metallikums, das europäische Gleichgewicht dieser Zeit, mit einem
Schlage gewandelt.
Es
würde zu weit führen, wollte man die Geschichte der keltischen Wanderung in
Einzelheiten verfolgen. Schon die Tatsache, daß die für sie erreichbaren Daten
von der antiken Geschichtsschreibung überliefert sind, zeigt, wie sehr der
urgeschichtliche Horizont an die Schriftgeschichte herangerückt ist und wie
sehr die antiken Kulturen von ihm beeinflußt werden. Rom, Delphi und die
galatischen Kriege brauchen nur am Rande genannt zu werden, um dies zu
verdeutlichen.
Jedenfalls legt die keltische Wanderung des 4. Jahrhunderts einen Riegel quer durch Europa. Er zonnenwagen Trundholm 1400-1200 v. Chr. Leidtragende davon sind nicht nur die hallstättischen
Illyrer, die bald unter die keltische Herrschaft geraten. Das keltische Fürstengrab
auf dem Salzburger Dürrnberg bei Hallein oder die keltischen Funde aus
Hallstatt selbst zeigen eindringlich genug, in welcher Weise sich die neuen
Herren des Landes bemächtigen. Die Folgen der keltischen Wanderung bekommen
auch die im Osten der Hallstattkultur lebenden Gemeinschaften zu spüren, von
denen sich die thrakisch-dakische Schicht noch am besten zu schützen vermag. Im
Westen wird fast ganz Frankreich dem keltischen Willen untertan, der sich auch
in Ostengland durchsetzt. In der Po-Ebene geht die etruskische Vormacht zugrunde,
und Rom steht vor seinen ersten schweren Erschütterungen. Auch die Bevölkerung
im Norden der Hallstattzone bleibt von diesen politischen Veränderungen nicht
verschont.
Wie mit einer Schere schneiden die Kelten das Band
entzwei, das Mittel- und Nordeuropa im Mittel-Me-tallikum miteinander verband.
Niemals sind die Bewohner dieser Nordzone so arm an metallischen Rohstoffen wie
jetzt. Bronze erhalten sie nicht mehr und Eisen erst recht nicht. Beide bekommen
Seltenheitswert, wie die verarmten Gräber des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. in
diesem Gebiet erkennen lassen.
Doch
währt diese neue Situation nicht lange. Der Aufstieg Roms in den nach 390 v.
Chr. einsetzenden Kelten-Kriegen in der Padana bezeichnet den weiteren
historischen Werdegang. Die Tragik der keltischen Wanderung beruht auf zwei
Tatsachen: daß auf den ersten Ansturm kein nennenswerter Nachschub aus dem
Heimatgebiet folgt und daß die keltischen Wanderer nicht über jene innere
Spannkraft verfügen, die es ihnen gestattet hätte, den unterworfenen Völkern
in geschlossener Form zu widerstehen. Wenn Julius Caesar rund dreihundert Jahre
später von dem beweglichen und nach Neuem begierigen Geist der Kelten erzählt,
so stellt dies der geistigen Potenz dieses Volkes ein rühmliches Zeugnis aus
(die Urgeschichtsforschung kann das voll bestätigen), ist aber gleichzeitig die
Erklärung dafür, daß sich das Keltentum kaum irgendwo auf dem zentralen
Festland längere Zeit rein erhalten konnte.
So
kommt es verhältnismäßig schnell zu einem Absinken der keltischen Macht. Dort,
wo ihr eine durchgebildete Organisation gegenübersteht (wie in Italien), ist
sie bald dem Niedergang preisgegeben; wo die biologische Kraft der Unterworfenen
stärker ist (wie im Bereich der Hallstattkultur), geht sie langsam in deren
Lebensgefüge über. Eine rein keltische La Tène-Kultur hat es daher - so
eigenartig dies klingt - auf dem Festland wie auf den Britischen Inseln nur zur
Zeit der Wanderung bis kurz vor den schon angedeuteten weiteren Ereignissen des
späten 4. und des 3. Jahrhunderts gegeben. Die La-Tène-Kultur als solche aber
gab es bis zu jenem Zeitpunkt, da das Spät-Metallikum Europas durch die vorrückende
Macht Roms sein Ende findet. In dieser vorgeschrittenen Zeit wird die La-Tène-Kultur
von verschiedenen völkischen Einheiten getragen, unter denen im westeuropäischen
Bereich sogar nichtindogermanische Teile eine nicht unbeträchtliche Rolle
gespielt haben mögen.
Hermes van Roquepertuse 3-2 e eeuw v. Chr. Es
ist allgemein gebräuchlich, das Spät-Metallikum (die jüngere Eisenzeit) in
Europa mit dem Vordringen der Römer unter Drusus und Tiberius an die Donau 15
v. Chr. enden zu lassen. Tatsächlich ist zu dieser Zeit nur ein Teil des
urzeitlichen Europas unter die Kontrolle des römischen Imperiums geraten.Das
Gebiet nördlich der Donau, das freie Germanien, bleibt - von Ausnahmen im 2.
und 4. Jahrhundert n. Chr. abgesehen - unberührt, auch der römische Handel
vermag die kulturelle Struktur dieses Bereichs nicht zu wandeln. Trotzdem läßt
sich das oben genannte Datum rechtfertigen, da seitdem der althistorische
Horizont weit nach Norden - fast bis zur »ultima Thule« - reicht und alle
Ereignisse der Frühgeschichte, vor allem die Völkerwanderungen, einbezieht.
Das
Spät-Metallikum kann nun absolutchronologisch nach wichtigen Ereignissen
gegliedert werden, wie die Schlacht von Telamon 225 v. Chr. mit ihrer
weitreichenden Auswirkung auf die Geschichte der Festlandkelten oder die Gründung
der Provincia Narbonensis 121 v. Chr. mit der ihr folgenden Einwirkung der römischen
Reichskultur auf das nachmalige Gallien. Im Anschluß daran ergibt sich eine
relativchronologische Gliederung in drei Stufen.
Wie
bisher steht bei einer kurzen Kennzeichnung der einzelnen spät-metallzeitlichen
Kulturformen auch jetzt wieder Mitteleuropa im Zentrum. Hier ist der Entstehungs-
und Lebensbereich der keltischen La-Tène-Kultur anzusetzen. Dem kriegerischen
Geist der Kelten entspricht eine gute Waffenausrüstung. Sie umfaßt vor allem
das Schwert, das anfänglich als kurzes Stichschwert verwendet, später, immer länger
werdend, zum Hiebschwert wird. Es ist aus weichem, im Rennfeuer gewonnenen Eisen
erzeugt. Die Schwertscheide hängt an einer eisernen Gürtelkette. Sie ist aus
Bronze oder Eisen angefertigt und oftmals mit verzierter Bronzeblechauflage
versehen; sie endet in einem herzförmigen Ortband. Dazu kommen Lanzen mit
eiserner Spitze, der große, annähernd rechteckige Schild mit Holzbuckel und
eisernem Buckelbeschlag und der oft reichdekorierte Bronzehelm. Pferde und zweirädrige
Streitwagen dienen als Fortbewegungsmittel.
Als Schmuck trägt der keltische Krieger den Halsring (torques) aus Bronze, manchmal aus Gold und später auch aus Eisen. Die Kleidung (Hose [Gallia bracata], Röcke und Überkleider) hält man mit Bronzefibeln zusammen, die zum Träger eines reichen Geschmackswandels werden. Die Veränderungen der Fibel geben daher wichtige relativchronologische Hinweise. Kennzeichen der weiblichen Tracht ist die bronzene, manchmal reichverzierte Gürtelkette.
An
Hand der keramischen Produktion kann man die auf die wandernden Kelten wirkenden
Einflüsse gut verfolgen. Sie wandern mit der auf der Drehscheibe erzeugten
Marne-Keramik. Im Hallstattgebiet lernen sie in erster Linie die hier üblichen
großen flaschenförmigen Typen kennen, die sich unter der Hand der
Drehscheibentöpfer in flaschenförmige Gebilde verwandeln. Die »Linsenflasche«
mit linsenartigem Körper und hohem Hals stellt dabei die besten Erzeugnisse dar.
Daneben gibt es doppelkonische, einfache Formen, hinter denen die importierte
Marne-Keramik fast völlig zurücktritt. Im französischen Gebiet wird die
Marne-Ware weiter verwendet und manchmal mit dem keltischen Motivenschatz geschmückt,
wie dies auch im ostenglischen Bereich üblich wird.
Dank den engen Beziehungen zu den antiken Stadtkulturen lernen die Kelten schon im ausgehenden 3. und 2. Jahrhundert die Münzprägung kennen, die jedoch nicht nach einheitlichem Muster, sondern nach verschiedenen Vorbildern gestaltet wird. Nach der geographischen Lage der einzelnen Münzstätten lassen sich in Verbindung mit historischen Nachrichten über die Sitze der keltischen Stämme besondere Münzprägungsgruppen herausarbeiten, die als Nachweis Für Stammesbindungen gelten können. Die figuralen Münzvorbilder erleiden das gleiche Schicksal wie Palmette und Ranke; sie werden schematisiert und zu neuen, oft schwer verständlichen Gebilden umgewandelt. Die
Kelten sind es aus ihrer Heimat gewohnt, ihre Toten zu bestatten. In großen Gräberfeldern
werden sie, manchmal in einem Holzsarg, mit ihrer Wehr geschmückt in den Boden
gesenkt; sozial Höherstehende bestattet man mit ihrem zweirädrigen Streitwagen
in Flachgräbern, oft auch unter einem Erd- oder Steinhügel. Dies hat zu der
Annahme geführt, die westliche Hallstattkultur mit ihren reichen Hügelgräbern
sei das Zentrum der Kelten gewesen. Hügelgräber sind aber nichts anderes als
der Ausdruck für eine besonders geehrte Persönlichkeit.
Unter
der Einwirkung der hallstättischen Bevölkerung gehen die Kelten bald zur
Brandbeisetzung über, der Bestattungsritus kann daher nicht mehr für die
volksmäßige Zuordnung verwertet werden. Den gleichen Einfluß üben im Norden
die an die keltische Zone angrenzenden Germanen aus. Mitteldeutsche Früh-La-Tène-Brandgräber
können daher keltisch oder germanisch sein. In Norditalien aber erkennt man die
keltischen Gräber, in denen oft ein wahrer Reichtum an Beutegut
zusammengetragen ist, weniger an den Beigaben als an der Körperbestattung, die
zu der hier - außer in den etruskischen Gräbern - geübten Brandbeisetzung im
Gegensatz steht.
Die Kelten siedeln als Bauern in geschlossenen Dörfern, die in ihrer Heimat wie in ihrem Kolonisationsbereich viele Jahrzehnte hindurch unbewehrt sind. Jedenfalls kennt man keine einzige früh- oder mittel-la-Tène-zeitliche (also dem Spät-Metallikum I und II angehörende) Befestigung. Erst gegen Ende des 2. und im 1. Jahrhundert v. Chr. scheinen sie langsam üblich zu werden. Der älteste Autor zur Urgeschichte Europas, Julius Caesar, hat für die ihm in Gallien bekannten befestigten Großsiedlungen den Begriff oppidum in die Literatur eingeführt. Danach hat man sich angewöhnt, die dem Spät-Metallikum III angehören- den Befestigungen mit entsprechendem Fundbestand als Oppidum zu bezeichnen. Das ist zwar bequem, braucht aber nicht richtig zu sein. Denn der locus typicus, nach dem Caesar den Namen prägte, BibracteAugustodunum in der Nähe des heutigen Autun, stellt eine spezifische Art dieser Höhensiedlung dar, wie die - wenn auch nicht befriedigenden - Grabungen auf dem mit Wällen befestigten Siedlungshügel gezeigt haben. Es handelt sich dabei zweifellos um eine Schließlich noch ein Wort über die namengebende Fundstelle La-Tène am Neuenburger See (Schweiz). La-Tène ist der Name einer Untiefe am Rande des Sees, aus der eine riesige Menge von Waffen und anderen Ausrüstungsstücken, aber auch landwirtschaftlichen Geräten gehoben wurde. Da zu der Zeit des Auffindens keine systematischen Grabungen möglich waren, weiß man nichts Näheres über den Grund der Niederlegung dieser zahlreichen Geräte. Paul Vouga, der Erforscher der Fundstelle, dachte an ein Kriegslager der Helvetier, was viel für sich hat, da nahezu alle Gegenstände auf die Verwendung durch Männer oder Krieger hindeuten. Allerdings müßte man annehmen, daß dieses Arsenal zu jener Zeit auf trockenem Boden in unmittelbarer Seenähe oder auf einem Pfahlrost er Man
weiß aber, daß bei den Kelten wie bei anderen indogermanischen Völkern das
Fluß-, See- und Wasseropfer üblich waren. Für die La-Tène-Kultur ist der
Duxer Quellfund in Böhmen bekannt mit seinen vielen hundert Fibeln, die von
Frauen in einer heilbringenden Quelle deponiert wurden. Man hat daher die Möglichkeit
erwogen, die Anreicherung an Waffen und Geräten in La-Tène auf eine ähnlich
religiöse Deposition zurückzuführen, und deshalb den Gedanken an ein Militärlager
aufgegeben. Wäre dies zutreffend, dann müßten diese Gaben einem Kriegsgott
geweiht worden sein, der den Kelten in Gestalt von Taranis, des
Blitzschleuderers, bekannt war. Eine dritte Möglichkeit wäre, daß Kriegsbeute
im See versenkt worden war, um sie den Besiegten für immer zu entziehen.
Mit diesen Fragen kommen wir zur keltischen Religion. Von ihr ist manches aus antiker Überlieferung wie aus Inschriften des gallo-römischen Gebietesbekannt. Hier interessiert sie nur, soweit sie mit den urzeitlichen Kelten in Verbindung zu bringen ist. Es fällt auf, daß in keltischen Friedhöfen oft Bestattungen von Ebern angetroffen werden und daß auch die Eberfigur aus Bronze mehrmals bezeugt ist. Das deutet auf eine besondere kultische Stellung dieses Tieres hin. Wieweit keltische Gräber um Menhire als Beleg für einen Ahnenkult gedeutet werden dürfen, muß offenbleiben. Von den keltischen Kunstwerken, die in diesem Zusammenhang vielleicht bedeutungsvoll sind, erhalten die im nordostfranzösisch-süddeutschenRaum mehrmals angetroffenen, mit einer ornamental geometrischen Dekoration versehenen Steinstelen erhöhtes Interesse. Auf einigen von ihnen erscheint in
Wesentlich
wichtiger aber ist der berühmt gewordene große Silberkessel, der in
Einzelteile zerlegt vor Jahren im dänischen Torfmoor bei Gundestrup gefunden
wurde. Den Boden des Kessels bildet eine runde Platte, die Wände bestehen aus
rechteckigen Doppelplatten, die wie die Bodenplatte mit einer figuralen
Halbreliefdekoration versehen sind. Die Deutung der Darstellung bereitet
Schwierigkeiten, aber auch der Erzeugungsort dieses einmaligen Kunstwerkes ist
nicht leicht zu bestimmen. Unter den Tierfiguren auf den Platten stechen zwei
Elefanten hervor. Die Kelten sind nur zweimal auf ihrer Wanderung mit Elefanten
in Berührung gekommen: in Norditalien bei der Alpenüberquerung von Hannibal
und bei ihren Kämpfen mit den kleinasiatischen Fürsten. Es ist daher nicht
unwahrscheinlich, daß der Gundestruper Silberkessel in Norditalien von einem
keltischen Silberschmied angefertigt wurde, von wo er dann in den germanischen
Norden gelangt ist. Auf einer der Platten wird auch der keltische Horngott
Kernunnos mit dem Hirschgeweih gezeigt, wodurch die religiöse Bindung des Gefäßes
deutlich wird. Auf einer anderen Platte findet sich eine Szene, bei der ein Mann
einen anderen über einen Kessel hält und ihn offenbar tötet.
Dies
bringt uns auf eine andere religiöse Orientierung der Kelten, über die wir von
den Sanktuarien von Roquepertuse und Entremont in Südfrankreich besser
unterrichtet sind. Sie haben zahlreiche Belege für einen ausgeprägten Schädelkult
erbracht, der nur als Folge von Menschenopfern erklärt werden kann. Wie Pierre
Lambrechts zeigte, war bei den Kelten der Schädel als Sitz der geistigen Kräfte
besonders geschätzt. Die »exaltation de la tête«, wie Lambrechts diesen Schädelkultus
bezeichnete, scheint im Vergleich mit anderem indogermanischen Brauchtum eine
Spezialität der Kelten gewesen zu sein. In Roquepertuse wurden die Schädel der
Feinde oder besonders verehrten Toten in Vertiefungen von mächtigen Steinstelen
hineingestellt, oder der Schädel diente als Vorwurf für vielleicht unter
griechischer Anregung entstandene mächtige Plastiken, die in Roquepertuse
ebenfalls gut erhalten sind. Ein in Böhmen gefundener, in der Manier der
typischen La-Tène-Kunst verzierter Stein wird wohl auf die gleiche Orientierung
zurückzuführen sein.
Neben
dem Horngott und dem Schweinegott (Esus) gab es noch den Kriegs- oder Blitzgott
Taranis, der auch in diesen Sanktuarien verehrt wurde. Gallo-römische Plastiken
mit Inschriften zeigen eine Pferdegöttin Epona wie die immer zu dritt
dargestellten Matres oder Matronae, nichts anderes als die späte Fassung der
Fruchtbarkeitsgöttin, die man bei körperlichen Gebrechen um Hilfe anrief.
So
weltweit einmal die Kelten verbreitet waren, so wenig ist von ihrer Macht und
ihrem Glanz übriggeblieben. In ihnen spiegelt sich der im alten Europa großgewordene
Geist wider, der sich gegen fremde Einflüsse zur Wehr setzt und der im
Hinausgreifen über seine Grenzen dem Untergang geweiht ist. In den abgelegenen
Randgebieten Europas, in der Bretagne, in Wales und in Irland, lebt heute noch
ein Rest dieses Geistes fort, der besonders auf dem Boden der Britischen Inseln
dank den durch die römische Eroberung Galliens bedingten Zuschüben wirksam
geblieben ist. Die große Expansionskraft, die einst von den Kelten ausgegangen
ist, hat unter christlichem Vorzeichen eine neue Blüte erlebt. Irische Mönche
kehrten im 8. und 9. Jahrhundert auf das Festland zurück und wurden die ersten
Missionare des frühen Mittelalters.
Soweit
auch einmal die Herrschaft der Kelten reichte, die Bewohner der Alpen, also das
Volkstum der Melaun-Fritzenser Kultur und der ostnorischen Kultur, haben sie
nicht zu überwinden vermocht. Deren Siedlungsraum stellte dem Vorwärtsdrängen
der Kelten ein unüberwindbares Hindernis in den Weg. Wohl kommen durch
Handelsbeziehungen nach dem Ende der keltischen Wanderung Erzeugnisse der La-Tène-Kultur
in dieses Gebiet, eine keltische Oberschicht aber hat es hier niemals gegeben.
Nur in Kärnten, in der südlichen Steiermark und im nördlichen Balkanbereich
sind Spuren einer keltischen Bevölkerung zurückgeblieben, die bei der
Vertreibung der Kelten aus Norditalien nach der Schlacht von Telamon hierher
verschlagen wurden. So wird man annehmen dürfen, daß das im Gebiet der
nachmaligen Provinz Noricum lebende Königsgeschlecht und seine Untertanen eine
keltische Komponente in sich angenommen haben.
Die einheimische, bodenständige Schicht aber führt ihre von der Hallstattkultur her gewohnte Art weiter, lebt in geschlossenen Dörfern auf dem flachen Lande oder in Siedlungen, die mit Wall und Graben befestigt sind. Sie betreibt den Bergbau auf Eisen, dessen Produkte als norisches Eisen in Rom bekannt und begehrt sind. Die (keltischen?) Taurisker aber sind wegen ihres Goldbergbaues in die Geschichte eingegangen. Ihre Produktion soll so groß gewesen sein, daß der Goldpreis in Italien rapide sank. Kein Wunder daher, daß die römischen Kaufleute, die sich seit der Gründung von Aquileia um 180 v. Chr. in Nordostitalien niedergelassen hatten, ein großes Interesse an diesem Gebiet nehmen und ihre Vertreter in das norische Nachbarland entsenden. Schon gegen Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. scheint so der Metallreichtum des Osttiroler Gebiets Rom zugänglich geworden zu sein. Der Erinnerungsstein an den Senator Popaius in Bichl bei Matrei/Osttirol deutet darauf hin, und die bekannte Bronzefigur des »Jünglings vom Helenenberg« ist nur als Geschenk aquilejensischer Kaufherren zu verstehen. menhir
Corsica
In
Tirol zu beiden Seiten des Brenners, in Vorarlberg und Graubünden lebt die alte
Melaun-Fritzenser Kultur nahezu ungestört weiter. Die durch den Keltenvorstoß
in Oberitalien zersprengte etruskisch-villanovianische Bevölkerung mag
gemeinsam mit keltischen Splittern tief in das Alpengebiet vorgedrungen sein.
Jedenfalls mehren sich seit dem 4. Jahrhundert die im Alpenalphabet verfaßten
Inschriften auf Holz, Keramik, Stein und Bronze. Sie sind in raetischer Sprache
abgefaßt und dienen in erster Linie kultischen Zwecken. Wie im estensischen
Bereich wird nun auch hier die heilbringende Reitia verehrt. Ihr entspricht im
Noricum die Noreia, die frucht- und heilbringende Göttin, der man auch den
Bergsegen zuschreibt. Neben der Reitia finden sich noch Nachweise für die
Verehrung eines Weingottes, der aber erst mit dem Bekanntwerden des Weines nach
200 bis 150 v. Chr. in diesem Gebiet in den Vordergrund zu treten scheint.
Der raetische Raum kennt zahlreiche Heiligtümer, von denen jene in Mechel und Sanzeno am Nonsberg durch ihre Fülle an Weihegaben an die Göttin Reitia und andere Gottheiten besonders bekannt sind. Wie in Este sind es in erster Linie Devotionalien, deren Bittcharakter aus ihrer Form sichtbar wird. Die im MittelMetallikum ausgeprägte Siedlungsweise auf befestigten Höhen wird beibehalten und weiterentwickelt. Nahezu jedes Südtiroler Tal ist besetzt, und in NordtirolVorarlberg-Graubünden mehren sich die Nachweise mit jedem Jahr. Dies gebirgige und nur mühsam zugängliche Gebiet hat der Eroberungslust der Römer sicherlich mehr Mühe gemacht als Noricum, mit dem schon lange kommerzielle Verbindungen bestanden haben. Die bekannte Freiheitsliebe der Alpenbewohner hat der römischen Herrschaft kräftigen Widerstand entgegengesetzt, und die stets freie Bevölkerung Tirols mag gerade diese Eigenschaft auf eine so lange Vergangenheit zurückführen. paardengodin Epona
Die
späte Melaun-Fritzenser Kultur hat sich in ihrem äußeren Aspekt gegenüber
dem Mittel-Metallikum kaum gewandelt. Nur dort, wo neue Formen aus den
umliegenden Nachbargebieten eingeführt werden, zeigt sich ein gewisser Hang zur
Neuerung, wie er an Fibeln und anderem Schmuckwerk hervortritt. Aber im
allgemeinen ist die späte Melaun-Fritzenser Kultur ebenso traditionsgebunden
wie ihre mittel-metallzeitliche Vorstufe. Diese Bindung geht so weit, daß sie
fast sklavisch, man möchte fast sagen mit rührender Hingabe an den
mittel-metallzeitlichen Grundformen festhält und dies auch in der
kunsthandwerklichen Betätigung beweist. So wird die Zone der Melaun-Fritzenser
Kultur zum letzten Hort der Situlenkunst, in deren Rahmen sie eigenartige, oft
bizarre Dinge schafft, so auch als vielleicht bestes Beispiel den Gürtelbeschlag
von Lothen bei St. Lorenzen im Pustertal. Mit einer Inschrift (an eine
Unterweltsgottheit) versehen, zeigt er auf der Vorderseite zwei weidende Hirsche
in barocker Überspitzung der natürlichen Vorlagen. Süd- und Nordtirol haben
aber auch Beispiele dafür erbracht, daß die während des 5. und 4.
Jahrhunderts bekanntgewordene griechisch-etruskische Palmette bis in das
ausgehende Spät-Metallikum in traditionsgebundener Nachbildung als
Dekorationselement von Bronzegefäßen verwendet wird.
Von
der Zone der mittel-metallzeitlichen Golasecca-, Villanova- und Este-Kultur ist
noch zu berichten, daß die Golasecca-Kultur am wenigsten von der keltischen
Wanderung erfaßt wird. Lediglich ihr padanischer Südbereich scheint von dieser
und der darauffolgenden Romanisierung getroffen worden zu sein. Im nördlichen
gebirgigen Teil des Tessins aber lebt sie unbehindert von den verschiedenen, aus
dem Süden kommenden Einflüssen weiter, bis auch sie unter die Herrschaft Roms
gerät. Mit dem Ende des 2. Jahrhunderts
v. Chr. setzt hier ein kräftiger Romanisierungsprozeß ein, der sich in den
zahlreichen Grabfunden dieses Gebietes widerspiegelt. Die Villanova-Kultur und
mit ihr die etruskische Kultur der Padana verschwinden völlig aus den Fundbeständen
des SpätMetallikums. Anscheinend sind sie in weitem Umfang von den
einwandernden Kelten aufgesogen worden. Außerdem darf nicht vergessen werden,
daß die nach 225 v. Chr. einsetzende Romanisierung der Padana schnell jede
Erinnerung an die frühere Zeit gelöscht haben wird. Doch bedarf es gerade zu
dieser Frage noch eingehender Untersuchungen, um das Werden der in der Gallia
cis- und transpadana emporwachsenden Eigenart näher verfolgen zu können.
Leichter
geschieht dies für Venetien. Hier haben die Kelten trotz mannigfachen Einflüssen
auf die Este-Kultur kaum eine tiefgehende Wirkung auszuüben vermocht. Die
Este-Kultur lebte bis weit in das Spät-Metallikum hinein fort; auch die nach
200 v. Chr. beginnende römische Kolonisationstätigkeit vermag sich erst
langsam so weit durchzusetzen, daß eine der republikanischen Reichskultur
entsprechende Eigenart aufzusteigen beginnt.
Mit
der nach der keltischen Wanderung wieder einsetzenden Beruhigung und der in
ihrem Gefolge aufgenommenen Verbindung Mitteleuropas zu den nördlichen Gebieten
setzt auch für die germanische Bevölkerung Nordwestdeutschlands-Südskandinaviens
ein neuer Aufstieg ein. Nördlich der durch den Main und die Nordgrenze der
Sudeten etwa umschreibbaren Linie erholt sie sich langsam von dem ihr zugefügten
Schock. Man erkennt dies daran, daß etwa von der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. an vereinzelt keltische
oder auf keltischer Tradition aufbauende Erzeugnisse ihren Weg nach dem Norden
finden. So kommen da und dort Mittel-La-Tène-Fibeln über Nordwestdeutschland
nach Dänemark und Südschweden. Hier werden diese fremden Vorlagen nach dem
eigenen Formwollen umgebaut, was sich entweder in anderer stilistischer
Gestaltung oder im Umsetzen in ein für den Norden kennzeichnendes
zweigliedriges Schema äußert. Auch vereinzelte keltische Waffen werden nach
Skandinavien verhandelt, wo sich in den ersten Jahrhunderten des Spät-Metallikums
die Bevölkerung nicht nur wesentlich vermehrt zu haben scheint, sondern nach
ihrem Abstieg am Ende des Mittel-Metallikums wieder zu sich selbst findet.
So wenigstens wird man die nun klarer hervortretende Formtendenz im keramischen Bestand dieses Gebietes deuten dürfen. Dänemark hebt sich darin deutlicher hervor; ihm schließt sich südlich die Hier
weist die Keramik gewisse Ähnlichkeiten mit der La-Tène-Ware auf, die
anscheinend die einheimische Erzeugung angeregt hat. Was hier unter dem Begriff
Jastorfer Keramik vom 4. Jahrhundert v. Chr. an bis in die Zeit um Christi
Geburt gepflegt wird, entbehrt nicht einer besonderen Note, die noch durch den
als Dekoration verwendeten Mäander betont erscheint. Als unter Marbod die
Markomannen nach Böhmen einrücken, bedienen sie sich wie die weiter im Norden
lebenden Gruppen der Sueben dieser Verzierungstechnik.
Die etwa in der Mitte des 2. Jahrhunderts von Nordjütland ausgehenden Kimbern und Teutonen sind Wo
aber war die Schlacht von Noreia? Der Name des Ortes, in dessen Nähe sie
stattfand, bezeugt die Lage im Noricum, sagt aber sonst nichts aus. Der Name ist
nach dem der Landesgöttin gewählt, hat also keine geographische Bedeutung. So
heftig hier im Jahre 113 v. Chr. gekämpft worden ist, so intensiv ging auch der
Gelehrtenstreit um die Lokalisierung des Schlachtortes. Die geographischen
Angaben der Überlieferung sind so wenig zuverlässig, daß jede Möglichkeit
innerhalb Kärntens und der Steiermark offenbleibt. Ist aber das Detail dieses
Berichtes richtig, daß man versucht habe, die Kimbern-Teutonen mit verräterischen
Führern durch unwegsames Gelände zu führen, dann kommt im Hinblick auf die
Sitze der Skordisker an der Dräu nur die Zone der Windischen Büheln im
heutigen Slowenien in Betracht.
Da fügt es sich wie von selbst, daß im Gemeindegebiet von St. Benedikten in den Windischen Büheln, in dem Gebiet von Negau, schon vor mehr als hundert Jahren ein riesiges Helmdepot gefunden wurde, von dem auf Grund einzelner gut erhaltener Helme sicher ist, daß es auf kriegerische Ereignisse zurückgeht. Die Frage ist nur, aufweiche. Erwartet man aus der Form der Helme einen zeitlichen Anhaltspunkt, so wird man enttäuscht. Die Helme gehören zu jenem einheimischen, norischen Kappenhelmtypus, der sich - dank der Traditionsgebundenheit der alpinen Bevölkerung - seit dem 5. Jahrhundert kaum merklich verändert hat. Sie sind daher für Zeitangaben wenig Sie
werden vor allem dadurch interessant, daß man aus der Heimat der
Kimbern-Teutonen von Weihedepots weiß, die nach kriegerischen
Auseinandersetzungen von den Siegern dem Boden anvertraut wurden. Das
bekannteste dieser Depots ist der Hjortspring- (Hirschsprung-) Fund in Dänemark.
Im späten 3. oder im Übergang zum 2. Jahrhundert v. Chr. war hier in einem
Holzboot am Rande eines kleinen Wassers die Beute deponiert worden, wie es auch
vier- und fünf-hundert Jahre später noch üblich war und in Moorfunden jener
Zeit (wie etwa Nydam) belegt ist. Man weiß also, daß die Germanen ihre
Kriegsbeute, im Hjortspring-Depot übrigens eine recht armselige, zu Ehren eines
Kriegsgottes zu versenken pflegten. Die Parallele zum Negauer Helmfund, bei dem
mehrere Stücke durch kräftige Schwerthiebe schwer beschädigt waren, liegt auf
der Hand. Aber noch ein weiterer Umstand läßt dieses Depot besonders wertvoll
erscheinen.
Der schönste Helm trägt eine Inschrift im Alpenalphabet; sie lautet nach Carl Marstrander: »Harigasti teiva«, »dem Gotte Heergast gewidmet«. Diese Inschrift muß zweifellos dem germanischen Sprachbereich zugewiesen werden. So liegt hier das älteste germanische Sprachdenkmal vor, das wir bis jetzt kennen. Die Begeisterung über die Entdeckung verführte seinerzeit zu dem Versuch, von ihm auch die Runen herzuleiten, freilich ohne zu bedenken, daß eine so kurze Berührung mit einem Schriftsystem, dazu unter so kriegerischen Umständen, kaum geeignet sein konnte, eine eigene, dem germanischen Denken gemäße Schrift hervorzubringen. Das muß tiefer greifende Wurzeln haben, die hier nicht näher erörtert werden können. Immerhin dürfte das Runenalphabet seiner geistigen Grundkonzeption nach bis in das Mittel-, wenn nicht sogar bis In das Früh-Metallikum zurückzuverlegen sein. Auf alle Fälle erhält das Depot von Negau in Verbindung mit der Schlacht von Noreia 113 v. Chr. eine sinnvolle Deutung.
graf met gat voor de ziel Nachdem
gegen Ende des Mittel-Metallikums eine beträchtliche Südwärtsverlagerung der
ursprünglich auf Nordwestdeutschland und Südskandinavien beschränkten
Kulturform festzustellen ist, tritt der nordische Raum im vorgeschrittenen 2.
Jahrhundert wieder fühlbarer aus seiner Reserve heraus. Wie es dazu gekommen
ist, entzieht sich ebenso unserer Kenntnis wie bei der keltischen und der
Urnenfelderwanderung. Zunahme der Bevölkerung und die Absicht, sich die
Errungenschaften der im Süden lebenden Kulturformen zu eigen zu machen, mögen
diese frühen Germanen, wie man sie nun auf Grund der antiken Nachrichten nennen
darf, aus ihrer Heimat geführt haben. Wieweit dabei der erste Zusammenstoß mit
den Kelten nördlich der Main-Linie als auslösendes Moment gewirkt hat, kann
ebensowenig entschieden werden wie die Frage, ob die aus dem keltischen Gebiet
kommenden Neuerungen der Anstoß dazu gewesen sind.
Jedenfalls
hören seit der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. diese Züge nach dem Süden
nicht mehr auf. Der nächste, der sich geschichtlich und fundmäßig nachweisen
läßt, war der Zug der Wandalen, die, aus dem jütischen Vendsyssel kommend,
gleichfalls die Ostsee überqueren und an der Odermündung landen.
Hier ziehen sie flußaufwärts und hinterlassen auf
schlesischem Boden ein reiches Inventar in Siedlungen und Gräbern. Sie kommen
zu einer Zeit in dieses Gebiet, da die keltische Schicht oder ihr Erbe noch
wirksam ist; deshalb ist von der wandalischen Kulturform mit Ausnahme gewisser
keramischer Bestände nicht allzuviel zu finden. Sie wird von keltisch gearteten
Formen verdeckt. Wie alle Germanen des SpätMetallikums pflegen die Wandalen die
Brandbestattung, wobei die keltisch geformten Schwerter mehrfach zusammengebogen
werden, damit sie in die kleinen Grabgruben passen. Neben vereinzelten
keltischen Formen verwenden sie die aus der Heimat mitgebrachten Töpfe und Schüsseln,
die sich deutlicher von der La-Tène-Ware abheben. Auch die Wandalen können
sich nicht lange in ihren neu eroberten Gebieten halten.
Ihnen
folgen die Burgunder im Oder-Weichsel-Gebiet, die an einer neuen keramischen
Eigenart zu erkennen sind. Schließlich scheinen um Christi Geburt die ersten
Goten ihren Fuß auf kontinentalen Boden gesetzt zu haben. Sie kamen anscheinend
mit einem recht armseligen Bestand an materiellem Besitztum herüber. Dort, wo
in Schweden aus namenkundlichen Gründen der Ursprung der Goten anzusetzen ist,
in Westergötland, lebt zur Zeit des letzten Jahrhunderts v. Chr. eine überaus
ärmliche Bevölkerung, die ihre Toten in einfachen Brandgruben beisetzt und
ihnen kaum nennenswerte Ausstattung mitgibt. Nicht einmal Tongefäße gehören
immer zur Bestattung des Leichenbrandes, oft dienen einfache Holzschachteln als
Ersatz. Ist Keramik überhaupt vorhanden, dann können kaum ihre grobe Ausführung
und die Einfachheit ihrer Formen als Kennzeichen herangezogen werden. Eine ähnlich
einfache Ware in Brandgruben erscheint nun nach der burgundischen Schicht auch
im Oder-Mündungsgebiet, weshalb man daran denkt, sie den auswandernden Goten
zuzuweisen. Es fehlen aber ausreichende Beweise für eine einwandfreie Bindung
an dieses Volkstum.
Immerhin
ist gesichert, daß im letzten Jahrhundert v. Chr. die germanische Völkerwelle
langsam in Bewegung geraten ist. Von Schleswig-Holstein drängt sie nach Süden,
erreicht den Rhein und scheint ihn damals schon in seinem Unterlauf überschritten
zu haben. Das westdeutsche Küstengebiet bis hinunter nach den Niederlanden ist
in jener Zeit von einer germanischen Schicht besetzt worden, die innerhalb der
fruchtbaren meeresnahen Marschzone ihre Siedlungen errichtet. Hier entstehen die
bis tief in das 4. und 6. Jahrhundert n. Chr. hinein blühenden Dorfanlagen, die
ihre Spuren in mehrfach übereinanderliegenden Schichten hinterlassen haben. Es
sind dies die germanischen Wurten, Warfen oder Terpen, die dank der guten
Erhaltungsbedingungen im durchfeuchteten, moorigen Boden eine unerschöpfliche
Quelle für die Kenntnis der germanischen Besiedlung und Kultur in dieser Zone
sind.
Jener
Teil der germanischen Schicht ist noch zu nennen, der über die Main-Rhein-Zone
nach dem Süden zieht. Auch im Mittellauf des Rheins haben Germanen den Fluß überschritten
und sind in das keltische Gebiet übergetreten. Es sind die Germani cisrhenani
der historischen Überlieferung, die mit dem Stammesnamen Nemeter, Bructerer,
Ussipeter und Tenkterer - um nur einige zu nennen - verbunden bleiben.
Sie
archäologisch näher zu verfolgen ist nicht immer ganz leicht. Man ist geneigt,
eine einfache, fast grobe Keramik mit diesen Stämmen in Verbindung zu bringen,
die sich zu beiden Seiten des Rheins und westlich davon in Belgien und den
Niederlanden nachweisen lassen. Demgegenüber liegen stichhaltige Hinweise vor,
wonach die in das keltische Randgebiet eingedrungenen Germanen sich der
Erzeugnisse der keltischen Wirtsschicht bemächtigen und sich wie die Wandalen
hinter deren Kulturform verbergen. Vor allem betrifft dies die Wangionen im
Rheingebiet um Mainz und die Sueben, die in den Grabfunden um Bad Nauheim
hervortreten. Die in ihren Gräbern oft nachgewiesene »Nauheimer Fibel« ist
jedenfalls ein typisches Erzeugnis der Spät-La-Tène-Zeit, das weit über
diesen Raum hinaus verbreitet ist. Die Wangionen der Mainzer Gegend aber führen
keltische Waffen und die typische spät-la-Tène-zeitliche bemalte Keramik, wie
sie bis weit nach Osten im ehemals keltischen Gebiet anzutreffen ist.
Diese
einfache und grobe Ware der nach Westen vorstoßenden germanischen Einheiten zu
erklären gelingt um so weniger, als ihre Ausgangsgebiete im südlichen
Schleswig-Holstein eine recht ausgeprägte Keramik freigegeben haben. Doch schon
im Unterlauf der Weser beginnt eine Zone mit groben, fast ausdruckslosen Gefäßen,
die selten von Metallgegenständen in den Brandgräbern begleitet wird. Nur in
der hannoveranischen und mitteldeutschen Zone führt die keramische Richtung zu
den ausgeprägten Erzeugnissen des ausgehenden Spät-Metallikums in Gestalt der
Mäander-Urnen. Über die Elbe-Senke scheinen schon im 3. Jahrhundert v. Chr.
die ersten germanischen Scharen nach Böhmen vorgedrungen zu sein, wie die in
der Bodenbacher Gegend verbreiteten Brandgräber erkennen lassen. Allerdings führten
auch sie vielfach Objekte, die der La-Tène-Kultur entlehnt sind.
Jedenfalls
verstärkt sich im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. der germanische Druck auf das
ehemals rein keltische Gebiet in der Mainzone, im südlichen Mitteldeutschland
und in Böhmen. In den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts v. Chr. wird
er so stark, daß sich die Hauptmasse der Bojer aus ihrem böhmischen
Heimatbereich absetzt und über Mähren und das nördliche Niederösterreich an
die Donau verlagert. Hier, im östlichen Niederösterreich und im Burgenland,
treten sie mit den aus dem siebenbürgischrumänischen Raum nach Westen vorstoßenden
Dakern in Berührung. Unter deren König Boirebistas kommt es um 50 v. Chr. mit
den Kelten zu einer heftigen Auseinandersetzung, die nach antiker Überlieferung
dabei geschlagen werden. Ein Großteil der Überlebenden wird vertrieben und der
Rest ab 15 v. Chr. romanisiert; er erscheint noch in vereinzelten Inschriften
des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. innerhalb der sogenannten deserta Boiorum.
Diesen
Romanisierungsprozeß genauer zu verfolgen ist freilich nicht leicht. In den
ersten Jahrzehnten des 1. Jahrhunderts n. Chr. scheint er nicht allzu intensiv
gewesen zu sein. Man erkennt dies daran, daß in den Gräbern der einheimischen
Bevölkerung im ehemals norischen Bereich noch vereinzelt die auf der La-Tène-Tradition
fußende Tonware auftaucht, neben der aber die Erzeugnisse der neuen Zeit
langsam in den Vordergrund treten. Nicht uninteressant ist es dabei
festzustellen, daß die einheimische Schicht nicht die von den Kelten übernommene
Körperbestattung in Flachgräbern übt, sondern in der lange gepflegten
Hallstatt-Tradition ihre Toten verbrennt und sie unter mächtigen Grabhügeln
beisetzt. Daran vermag auch die in den Siedlungszentren der römischen Besatzung
sichtlich stärkere Infiltration neuer Gedanken kaum etwas zu ändern. Nach Münzfunden
dauert diese durchaus urzeitliche Bestattungsform bis in die Zeit der
Markomannenkriege an. Erst danach, also vom frühen 3. Jahrhundert an, beginnt mit der
Übernahme der Körperbestattung in Flachgräbern (mit Ziegel- oder
Steinsarkophag-Schutz) der römische Einfluß stärker spürbar zu werden.
Der
Zusammenstoß der Bojer mit den Dakern im niederösterreichisch-burgenländischen
Grenzbereich lenkt nun die Aufmerksamkeit noch auf die östlich der La-Tène-Kultur
befindliche Zone. Ihre Kultur ist - soweit dies zur Zeit beurteilt werden kann -
eine direkte Fortsetzung der im Mittel-Metallikum im ungarisch-siebenbürgisch-rumänischen
Bereich lebenden Kulturform, deren ethnische Zuordnung an die Daker durch antike
Nachrichten gesichert erscheint. Diese sind - wie schon angedeutet - von der
keltischen Invasion kaum betroffen worden. Wie sich die Raeter im alpinen Raum
vor den Kelten sichern konnten, so vermochten dies auch die Daker in ihrem wenig
aufgeschlossenen Gebiet. Sie leben mit Vorliebe in befestigten Burgen und
scheinen den Bergbau intensiv gepflegt zu haben. Edelmetallgegenstände sind
verhältnismäßig zahlreich in Gestalt von Fibeln und Ringen nachweisbar. So wäre
es verständlich, daß diese wohlhabende Bevölkerung aus ihrem ursprünglichen
Lebensraum nach Westen ausgreifen und sich mit Erfolg gegen die von dort
drohenden Gefahren zur Wehr setzen kann. Für Rom scheint das dakische
Herrschaftsgebiet nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch interessant
gewesen zu sein. Die Einverleibung in das römische Imperium und der damit
einsetzende, archäologisch nachweisbare Aufschwung im Bergbau Siebenbürgens,
vor allem im Bereich der Goldlagerstätten, scheinen diese Auffassung zu bestätigen.
Schließlich
ist noch das Schicksal der Iberischen Halbinsel zu streifen. Auch sie steht
bereits im Frühschein der Geschichte. Von den Veränderungen durch die
griechische Kolonisation war schon die Rede. Im 4. Jahrhundert v. Chr. kommt
auch im Nordosten Spaniens die keltische Wanderung zur Auswirkung. Ihr ist das
Entstehen der historisch bekannten Keltiberer, der Veribraces, Cempsi und Saefes,
zuzuschreiben. Ihre Kulturform tritt uns in den umfangreichen Brandgräberfeldern
Nordostspaniens entgegen und erweist sich als eine Mischung von
mittel-metallzeitlicher Tradition mit keltischem Kulturgut. Diese Friedhöfe gehören
zu befestigten Hochsiedlungen, die ähnlich wie im raetischen Raum naturbedingt
sind. Das übrige Gebiet der Iberischen Halbinsel ist der Siedlungsraum jener völkischen
Schicht, nach denen sie ihren Namen erhalten hat, der Iberer. Da sich mit
Ausnahme Nordostspaniens in dieser Zone kaum indogermanische Eigenart
durchzusetzen vermochte, sind die Iberer die direkten Nachfahren der mittel- und
früh-metallzeitlichen Bevölkerung, deren letzte Reste noch heute bei den
Basken der Westpyrenäen greifbar zu sein scheinen. Berücksichtigt man die
Tatsache, daß die Iberische Halbinsel seit dem vorgeschrittenen Paläolithikum,
besonders aber im Neolithikum, mit dem nordwestlichen Afrika in enger Verbindung
gestanden hat, dann ist es nicht unberechtigt, eine ethnische Verwandtschaft
anzunehmen. In diesem Sinne läßt sich die auf der Halbinsel lebende Bevölkerung
mit der hamitischen Eigenart in Nordafrika in nähere Relation setzen. Wie eng
diese allerdings anzunehmen ist, bedarf noch näherer Untersuchungen.
Im Inneren des Landes sind die kulturellen Verhältnisse während des Spät-Metallikums verhältnismäßig einfach. Man kennt zahlreiche Siedlungen auf Bergkuppen wie das berühmte Numantia - weshalb man auch von einer Castro-Kultur spricht -, ihre Kultur ist aber noch zu wenig ausgeprägt, um eine besondere Eigenart erkennen zu lassen. Das gelingt erst in jenem Gebiet, das dank den von den griechischen Kolonien ausgehenden Anregungen eine eigene keramische Produktion entwickelt hat. Sie ist als iberische bemalte Keramik bekannt; sie dürfte bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. begonnen haben und steigert sich dann im 5. und 4. Jahrhundert zu aufschlußreichen Leistungen. Diese iberische bemalte Ware, in Henkelkrügen, großen tonnenförmigen Gefäßen, zylindrischen Töpfen und konischen Schalen belegt, tritt mit einer durchaus eigenständigen Kompositionsart hervor. Von der griechischen Seite übernimmt sie die Anregung zur figuralen Dekoration der Oberfläche, verwendet aber ausschließlich einheimische Motive.
rotsbeeld
Frannarp Zweden
Neben
ornamental ausgestalteten Pflanzenmustern tritt die Vogeldarstellung besonders
hervor; doch sind auch szenische Bilder aus dem Leben der Bevölkerung beliebt.
So gibt es Reiterzüge und Kampfdarstellungen, alles aber in einer oft recht
unbeholfenen Art dargestellt, die ihrer Grundhaltung nach eine gewisse Ähnlichkeit
mit dem estensisch-alpinen Situlenstil aufweist. Erzeugnisse dieser Art sind vor
allem in Süd- und Ostspanien verbreitet, werden aber auch in das Innere der
Halbinsel verhandelt und kommen sogar bis nach Südfrankreich, wo sie in den Gräbern
der spätmetallzeitlichen Hochsiedlungen, wie etwa auf dem Oppidum Ensérune bei
Béziers, gemeinsam mit Erzeugnissen der keltischen Schicht in Erscheinung
treten.
Während des Mittel-Metallikums ist die Iberische Halbinsel künstlerisch kaum hervorgetreten. Nun entsteht unter griechischem Einfluß, vielleicht sogar unter Anleitung griechischer Meister, eine reiche figurale Plastik nach Vorbildern aus den verschiedensten Lebensbereichen. Neben Tierplastiken, denen eine gewisse Naturnähe eigen ist, sticht vor allem die Darstellung des Menschen hervor, wobei die bekannte Frauenbüste von Elche vielleicht der kostbarste Beleg dafür ist. Sie ist porträtgetreu gehalten und zeigt überaus reichen Hängeschmuck, von dem kaum etwas aus Funden bekannt ist. Wie weit es sich bei diesem Glanzstück und ähnlichen, weniger wertvollen Belegen um eine reine Profankunst oder um religiös gebundene Kunst handelte, ist kaum festzustellen. Man kennt aber eine figurale Plastik in Stein, die in
den Dienst der Religion gestellt wurde. Beweis dafür ist der umfangreiche
Fundbestand aus einem hochgelegenen Heiligtum, dem Cigarralejo bei Murcia, mit
Devotionalien in Gestalt von Pferdefiguren und Halbreliefs in der gleichen
Motivik. Eine Inschrift in iberischer Sprache auf einem Silberblech beweist die
Zugehörigkeit dieses Sanctuariums zum iberischen Kulturbereich.
Neben
vollplastischen Pferdefiguren mit Zügel und Sattelzeug gibt es einfachere,
roher ausgeführte Stücke, die zeigen, daß in den Bergen Ostspaniens eine
Gottheit verehrt wurde, deren besonderem Schutz das Pferd anvertraut war. Es
liegt nahe, auch in diesem Falle - wie bei Reitia oder der Epona - an eine
weibliche Gottheit zu denken, die vielleicht sogar in der Dame von Elche
personifiziert ist. Wenn die Noreia mit dem Füllhorn dargestellt wurde, warum
sollte dann nicht im iberischen Raum die Landesgöttin als reichgeschmückte
Frau gedacht worden sein. Die Elche-Plastik ist leider ohne datierende Beifunde
geborgen worden, eine zeitliche Zuordnung ist daher nur schwer möglich.
Vielleicht ist aber die Annahme, sie wäre im 4. Jahrhundert v. Chr. entstanden,
nicht ganz falsch. In diese Zeit und in das folgende 3. Jahrhundert fällt
jedenfalls die Hochblüte der iberischen Kultur, deren südspanische Zone wohl
auch von karthagischer Seite manche Anregungen erfahren haben wird. Wie diese
sich ausgewirkt hat, ist vorläufig noch kaum nachweisbar, kann aber nach dem
Schicksal Hannibals nur im 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. von Bedeutung gewesen
sein.
Mit
dem Vorwärtsdrängen Roms im nordmediterranen Raum gegen Westen am Ende des 2.
Jahrhunderts v. Chr. kommt auch der iberische Bereich langsam in die
Strahlungszone dieses Kraftzentrums. Nach der Eroberung Numantias im Inneren des
iberischen Gebietes im Jahre 133 v. Chr. ist das Schicksal dieses Gebietes im
Westen des urgeschichtlichen Horizonts der Antike besiegelt. Nach der Errichtung
der Provinz Gallien 50 v. Chr. greift die Weltmacht Rom noch tiefer nach
Westeuropa vor und schiebt damit die urzeitliche Ökumene bis auf die Britischen
Inseln zurück. Kaum hundert Jahre später wird auch Südengland dem römischen
Imperium einverleibt (43 n. Chr.).
Nördlich dieses römischen Einflußbereiches beginnt
dann jene schmal gewordene Zone Europas, die im Schatten von Rom lebt: sie
bezeichnet den frühgeschichtlichen Horizont, von dem später der Anstoß zum
Werden des mittelalterlichen und modernen Europas auszugehen beginnt.
Propyläen-Weltgeschichte: Richard Pittioni: Der urgeschichtliche Horizont der historischen Zeit, S. 199-243 SONNENKREUZ UND LEBENSBAUMIrland, der
Schwarzmeer-Raum und die
Geschichte des 9.
Jahrhunderts ISBN 3-8251-7031-4 Uit hoofdstuk een:I / Geist und Wesen des Keltentums • Druiden und Kelten; Entwicklung durch Verwandlungskraft; Das irokeltische Christentum; Peregrinatio Alles befindet sich in Entwicklung, und die Welt der Götter ist davon nicht ausgeschlossen. So lautete einer der Grundgedanken der altkeltischen Jenseitsvorstellungen. Dies hat in überzeugender Weise der Franzose Lancelot Lengyel anhand der keltischen Numismatik und Mythologie dargelegt. Jener Gedanke beinhaltete »die Idee, daß Gott Bewegung ist, was impliziert, daß ebenso Schöpfung und letzten Endes auch Existenz Bewegung ist. (...) Bewegung, im Verständnis der Kelten, ist die aktive schöpferische Kraft der Durchdringung, der Umwandlung und der Erneuerung: sie ist Evolution in Reinkultur. (...) Die Essenz des Universums ist kosmogonische Bewegung. Sie umfängt Götter als Ströme, die aus der Quelle hervorgehen, nicht als die Quelle selbst.«In Rhythmen, Harmonien und Disharmonien schwingende Bewegung durchdringt die Natur und ihre Elemente, die Menschen- und die Götterwelt gleichermaßen. Über die Rhythmen von Musik und Tanz inwendig mit der Elementarwelt und dem Kosmos verbunden, erlebte der Kelte seine Götter in steter Gestaltwandlung, die sich begrifflich nicht fixieren ließ, sondern innerlich immer wieder neu durchlebt und erfahren werden mußte. Somit erklärt sich die Reaktion des Keltenhäuptlings Brennos, als er die Statue des Apollon im Allerheiligsten zu Delphi erblickte: »Brennos brach in Lachen aus angesichts der Tatsache, daß man den Göttern menschliche Gestalten zugemutet und sie aus Holz und Stein hergestellt hatte.« (Diodoros von Sizilien: Bibliothkê istorikê XXII.) Für ihn war die gedanklich-künstlerische Fixierung eines Gottes lächerlich und unbegreiflich. Für das Heiligste der Griechen, die göttliche Vollkommenheit der menschlichen Körpergestalt, fehlte ihm jeder Sinn. Wenn die Kelten als Folge des Austauschs mit den Mittelmeerkulturen dennoch Götterstatuen fertigten, waren die Erzeugnisse willentlich verfremdet oder entstellt: »Den Götterstatuen mangelt es an künstlerischer Qualität, und sie zeigen die Häßlichkeit von verstümmelten Rümpfen«, schrieb Lucanus (Pharsalia III, 412). Dies lag nicht am mangelnden handwerklichen Können der keltischen Künstler, sondern an einer gänzlich anders gearteten Bewußtseinshaltung und Religiosität. Was die Kelten in ihrer reichen Mythologie, in Musik, Poesie, Kunst und Handwerk zum Ausdruck brachten, waren nicht Abbildungen göttlicher Wesen, sondern rhythmische und formenschaffende Gesetzmäßigkeiten göttlicher Wandlung und Offenbarung. Der Wille zur Umbildung und Metamorphose drang nicht nur in den anschaulichen Formen der keltischen Kunst in den Vordergrund, sondern auch in ihrer Auffassung seelischer und geistiger Wesenheiten. Ein Wesen, ob Gott oder Mensch, war für sie niemals etwas Fertiges, Abgeschlossenes, sondern ewig im Werden, in Entwicklung begriffen. Die führenden Vertreter des Keltentums wußten, daß auch Götter Taten
vollbringen und eine Art von Schicksal besitzen, durch welches sie die Kraft zur
Weiter- und Höherentwicklung erringen. Ewig unveränderliche Gottheiten, ein
statischer Kosmos, waren dem keltischen Bewußtsein fremd. Während die Griechen
zur selben Zeit die Grundlagen der abendländischen Philosophie, des
analytischen und logischen Denkens schufen, entwickelten die Kelten eine andere,
komplementäre Qualität. Für die Druiden schien es nichts Schlimmeres zu geben
als feststehende Definitionen, wie Diodoros von Sizilien berichtet: »Wenn man
sich mit ihnen unterhält, reden sie wenig; sie sprechen in Rätseln und zeigen
in ihrer Ausdrucksweise eine Vorliebe dafür, das meiste erraten zu lassen. Übertreibungen
gebrauchen sie häufig (...).« (Bibliothkê istorikê V, 31.) Sechs Monate später, am 1. November, der »Weltenmitternacht« und der Zeit des wichtigsten sakralen Festes Samain ('Vereinigung, Kommunion'), öffneten sich die Pforten der Tír nAill, der »Anderswelt«. Es war die Zeit der Begegnung zwischen den Lebenden und den Toten, zwischen Göttern, Menschen und Dämonen. Die Festeszeit, in der sich alle an heiligen Orten versammeln mußten, begann drei Tage vor und endete drei Tage nach Samain. Diese sieben Tage waren im keltischen Bewußtsein jenseits der Zeit: sie leiteten Neujahr ein, gehörten nicht mehr zum alten Jahr und noch nicht zum neuen. An Samain herrschte die Finsternis: »Groß waren Dunkelheit und Schrecken dieser Nacht, und Dämonen pflegten immer in dieser Nacht zu erscheinen.« Der König erfuhr einen rituellen und symbolischen Tod, auch Götter und Helden starben. Alle Feuer wurden gelöscht. Doch an dem Tag, an dem die Mächte der Finsternis ihre größte Kraft entfalten konnten, wurde durch »den zeugenden Tod« der Keim zu neuem Leben, zur Auferstehung des Entschwundenen, zum Sieg des Lichtes über die Finsternis geschaffen. Samain war deshalb das »Osterfest der Heiden«, wie der christliche Aufzeichner der irischen Ordalien (Gottesurteile) bemerkte. In den keltischen Sagen wurde zum Ausdruck gebracht, daß der Mensch nur mit Hilfe von Opfertaten und Verwandlungskraft in verschiedenen Daseinswelten zugleich bestehen kann. In der elementarischen Welt, so unterwiesen die Druiden ihre Schüler, herrscht das Gesetz der permanenten Wesensverwandlung sowie der Umkehrung oder Spiegelung physischer Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten. Wollte der einzuweihende »Held« in dieser verwirrenden Welt sein Selbst bewahren, mußte zuerst er die notwendige Seelenstärke erringen, um allen »Abenteuern« und »Gefahren« siegreich begegnen zu können. Die in Irland äußerst beliebte Sagengattung der Immrama, der »Seefahrten«, umschrieb die Geschehnisse in der elementarischen und seelischen Welt, dem »wogenden Meer«, in imaginativen Bildern. So schildert die irische Sage Immram curaig Maíle Dúin (»Die Seefahrt des Bootes von Mæl Dúin«) das Gesetz der Wesensverwandlung: »Am frühen Morgen des dritten Tages nahmen sie eine andere Insel wahr, auf der eine metallene Palisade stand, welche die Insel in zwei Hälften teilte. Es gab dort viele Schafherden: eine schwarze Herde auf der einen Seite der Palisade und eine weiße Herde auf der anderen Seite. Und sie sahen einen riesigen Mann, der die Schafe trennte. Immer wenn er ein weißes Schaf über den Zaun zu den schwarzen Schafen warf, wurde jenes sofort schwarz. Ebenso wenn er ein schwarzes Schaf über den Zaun warf, wurde dieses sofort weiß.« Schließlich wirft Mæl Dúin einen schwarzen Zweig auf die Seite der weißen Schafe, wo er weiße Farbe annimmt; als er jedoch einen weißen Zweig zu den schwarzen Schafen wirft, wird dieser schwarz. Auch dem walisischen Helden Peredur, einem Vorläufer des Parzival, begegnet auf seiner Queste, seiner inneren Suche, diese Imagination: »Und auf der einen Seite des Flusses konnte er eine Herde weißer Schafe sehen, und auf der anderen Seite eine Herde schwarzer Schafe. Und immer wenn ein weißes Schaf blökte, kam ein schwarzes Schaf über den Fluß und wurde weiß; immer wenn ein schwarzes Schaf blökte, kam ein weißes Schaf über den Fluß und wurde schwarz. Und er sah einen großen Baum auf dem Flußufer: Die eine Baumhälfte brannte von der Wurzel bis zur Krone, die andere Baumhälfte trug grünes Laub.« In der Verwandlungsgabe, der Fähigkeit zur Metamorphose, erblickten die Druiden also eine Grundeigenschaft der göttlichen Schöpfung. Denn »Schöpfung« war ein ununterbrochenes Wirken der Götter, das vom geistig strebenden Menschen stets von neuem forderte, sich den dynamisch-veränderlichen Realitäten der übersinnlichen »Anderswelt« anzugleichen. In diesem Sinne stellte auch die Annahme des Christentums in den Augen der führenden Vertreter des Keltentums keinen Bruch mit der vorchristlichen Religion dar, sondern eine durch die kosmische Fortentwicklung notwendig gewordene geistige Erneuerung, da sich die Erde selbst durch das Opfer Jesu Christi verwandelt hatte. Darum konnte im 6. Jahrhundert n. Chr. der walisische Barde Taliessin die christliche Religion mit den vorchristlichen Lehren verbinden, um anzudeuten, wie die alten Kulte mit dem Erscheinen Jesu Christi ihre Erfüllung gefunden hatten: »Christus, das uranfängliche Wort, war uranfänglich unser Lehrer, und nie sind wir von Seiner Lehre abgewichen. Für Asien war das Christentum etwas Neues; aber zu keiner Zeit ließen die Druiden von Britannien von Seinen Lehren ab.« Dabei hätte sich Taliessin sogar auf den Kirchenvater Augustinus berufen können, der einmal den schönen Satz niederschrieb: »Was man gegenwärtig die christliche Religion nennt, bestand schon bei den Alten und fehlte nicht in den Anfängen des Menschengeschlechts, bis Christus im Fleische erschien, von wo an die wahre Religion, die schon vorher vorhanden war, den Namen der christlichen erhielt« (Retractationes, De vera religione I, 13.3). In den heiligsten Mysterien des Westens erwartete man den kommenden Weltenerlöser und erzog auserwählte Vertreter des Keltentums in einer gemütdurchdrungenen Adventsstimmung. Die Saga Immram Brain mac Febail (»Die Seefahrt von Bran mac Febal«) schildert, wie dem irischen Helden Bran durch eine geheimnisvolle Frau »aus unbekannten Ländern« auf dem jenseitigen »Meer der Elemente« eine Offenbarung zuteil wird: »Nach Jahrhunderten wird eine große Geburt erscheinen, aus den Höhen steigt Er hernieder: der Sohn einer Jungfrau ohne Gemahl, König wird Er sein über die vielen Tausend, König ohne Anfang und Ende; die ganze Welt hat Er erschaffen, Sein sind Land und See, wehe dem, der Seinen Zorn auf sich zieht. Er ist es, der die Himmel erschaffen, glückselig die reinen Herzens; reinigen wird Er die Scharen in einem heiligen Quell, Er ist es, der eure Krankheiten läutern wird. Nicht an euch alle richtet sich meine Rede, obwohl ich große Mysterien enthülle. Unter den Scharen der Welt möge allein Bran lauschen, welche Weisheit ich ihm offenbare. (...) Ein edler Erlöser wird kommen, vom König, der die Himmel erschaffen; ein lichtes Gesetz wird über das Meer kommen, Gott und auch noch Mensch wird Er sein.« Tatsächlich konnte man in den heiligsten Mysterienstätten des Keltentums das Erscheinen Christi in der Erdsphäre geistig wahrnehmen. Man erahnte die Größe der Opfertat, welche die Gottheit vollbrachte, um aus dem Weltenkosmos in die Aura der Erde einziehen zu können, um als Rí nan Dul (»König der Elemente«) die Elementarreiche zu durchstrahlen. In dem Manuskript des Lebor Lagin (»Buch von Leinster«, um 1150) ist eine irische Sage erhalten (Version A nach Meyer), die dieses Erleben indirekt widerspiegelt. Die Sage Aided Conchobuir handelt vom Tod des Königs Conchobar von Ulster: Während einer Schlacht dringt Conchobar eine aus Hirn und Kalk gefertigte Kugel in den Kopf, die nicht mehr entfernt werden kann. Aus diesem Grund darf er sich nicht mehr erregen, da er sonst an der Verletzung sterben müßte. »So ging es bis zu dem Tag, an dem er hörte, daß [Jesus] Christus von den Juden gekreuzigt wurde. Dieses Verbrechen brachte die gesamte Natur zum Erbeben. Himmel und Erde bebten (...) »Was bedeutet dies Zeichen?», fragte Conchobar seinen Druiden. »Welch großer Frevel wird heute begangen?» [Und der Druide erzählt Conchobar, daß in diesem Moment in Palästina Jesus Christus gekreuzigt wird.] »Das Wesen, das gerade gekreuzigt wurde, ist in derselben Nacht wie du geboren, aber nicht im selben Jahr.» Da glaubte Conchobar an Jesus Christus. Er ist der eine von zwei Menschen in Irland, die sich vor der Ankunft des Glaubens zum Wahren Gott bekannten.« Conchobar gerät nun derart in Zorn über das Unrecht, das Jesus Christus angetan wird, daß er an seiner Verletzung stirbt. Eine andere Version dieser Legende aus dem Manuskript Liber Flavus Fergusiorum (Version C nach Meyer) enthält eine bemerkenswerte Variante: Conchobar fragt den Druiden Bochrach aus Leinster um Neuigkeiten, woraufhin dieser antwortet: »Es gibt wahrhaft große Neuigkeiten, die sich im Osten der Welt zugetragen haben, nämlich die Kreuzigung des Königs von Himmel und Erde durch die Juden. Er ist es, den die Seher und Druiden verkündet haben« (is é rotirchansat fáidhi & dráidhthi). Der Druide erzählt Conchobar von Jesus Christus, woraufhin sich der König bekehrt. Danach schildert Version C jedoch fast entschuldigend den gleichen Hergang wie Version A, die offensichtlich die ursprüngliche Überlieferung wiedergibt, und ergänzt: »Von daher sagen die Gaelen, daß Conchobar der erste Heide in Irland war, der in den Himmel aufstieg, denn das aus seinem Kopf schießende Blut taufte ihn. Und dann fuhr Conchobars Seele zur Hölle, bis ihr Christus begegnete, als Er die gefangene Schar [der Menschenseelen] aus der Hölle befreite. So nahm Christus die Seele von Conchobar mit Sich in den Himmel. Man hat gegen diese Überlieferung oft eingewendet, daß es sich hierbei um den späteren Nachtrag eines Mönchs handeln könnte, der die irischen Helden in ein christliches Gewand hüllen wollte. Dies kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, aber es ist dennoch äußerst ungewöhnlich und für die Eigenart des irischen Christentums kennzeichnend, daß ein christlicher Mönch den heidnischen Druiden eine geistige Schau der Karfreitagsgeschehnisse zubilligt. Eine vergleichbare Tatsache, daß nämlich die Belehrung über das Zentralereignis der christlichen Religion aus dem Mund eines heidnischen Priesters ertönt, läßt sich in keiner anderen Überlieferung finden. In einem Vortrag hat Rudolf Steiner auf den Kern dieser Legende gedeutet, hinter der sich die übersinnliche Schau eines Geschehens in der Aura der Erde verbirgt: »Was sich in Palästina wirklich zutrug, das trug sich in hundertfältiger Weise bildhaft zu, ohne daß das Bild das Andenken an Vergangenes war, auf der hibernischen [irischen] Insel. Auf der hibernischen Insel erlebte man in [übersinnlichen] Bildern das Mysterium von Golgatha gleichzeitig, während sich das Mysterium von Golgatha historisch in Palästina zutrug. (...) Das bedeutet die Größe alles dessen, was später gerade ausgegangen ist für die übrige Zivilisation von dieser hibernischen Insel.« Daß dieser Vorgang ausgerechnet auf Irland eintrat, ist von Bedeutung. Denn die Insel blieb die einzige keltische Region, die von den Römern nicht erobert wurde, obwohl die Römer wiederholt mit dem Gedanken einer Invasion spielten. Tacitus etwa berichtete: »Ich habe oft die Ansicht gehört, daß man Hibernia mit einer einzigen Legion und einigen Hilfstruppen bezwingen und halten könnte. Diese Eroberung würde sich auch für Britannien als vorteilhaft erweisen, da man ihr durch die Allgegenwart der römischen Waffen sozusagen die Sicht der Freiheit entziehen würde« (Agricola XXIV). Die römischen Hegemonialpläne wurden nicht verwirklicht. Dadurch konnte es in Irland zu der einmaligen, weil unverfälschten Begegnung des Christentums mit einem noch intakten keltischen Druidentum kommen. Wandlungsstärke, Opfermut, willenhaftes Streben und tiefe Gemütskraft bildeten den geeigneten Boden für die Annahme eines Glaubens, der auf der »Grünen Insel« nicht in der Tradition, sondern in unmittelbarer geistiger Anschauung wurzelte.
VIII / Zwischen West und Ost • Der Tod
Konstantin-Kyrills; Das Konzil von 869; Method als Erzbischof von Pannonien; Die
Verschwörung der »Camorra«; Das »Filioque«; Die Vertreibung Im Sommer 869 tagte in St. Peter zu Rom eine Synode,
auf der Photios sowie alle durch ihn geweihten Geistlichen verurteilt und
abgesetzt wurden. Kirchliche Würdenträger, die noch von Ignatios geweiht
worden waren und sich später Photios angeschlossen hatten, sollten nur dann in
ihrem Amt bestätigt werden, wenn sie den von Rom ausgestellten libellus
satisfactionis - ihren Unterwerfungseid und die Anerkennung des päpstlichen
Primats - ohne Widerspruch unterzeichneten. Die Akten der Synode von 867, auf
der Photios Papst Nicolaus abgesetzt hatte, wurden feierlich verbrannt. Wenig später, am 25. September 869, trafen drei römische Legaten - der
Diakon Marinus aus dem Kreis der »Camorra«, Bischof Donatus von Ostia und
Stephanus von Nepi - zur Vorbereitung des VIII. Ökumenischen Konzils in
Konstantinopel ein. Die Legaten hatten ausdrückliche Weisung, das Konzil
dahingehend zu leiten, daß die römischen Beschlüsse vom Sommer bedingungslos
zur Durchführung kämen. In diesem Sinne wurde die Versammlung am 5. Oktober
869 in der Hagia Sophia eröffnet, vor der mageren Kulisse von nur etwa dreißig
Personen, da die geforderte Unterzeichnung des libellus auf größten Widerstand
stieß. Unsere Kenntnis vom Verlauf und Inhalt der Sitzungen geht zum großen Teil
auf die persönlichen Aufzeichnungen des Anastasius Bibliothecarius zurück; er
war an der Erstellung der Beschlüsse nicht beteiligt gewesen, reiste aber
dennoch in Begleitung der kaiserlichen Vertrauten Suppo und Eberhard nach
Konstantinopel, diesmal im Auftrag des Kaisers Ludwig II., um für dessen
Tochter Ermengarde am byzantinischen Kaiserhof eine Heirat zu vermitteln. Dieser
Umstand sollte sich als Schicksalsführung erweisen, da die offizielle päpstliche
Gesandtschaft wahrscheinlich im Auftrag des byzantinischen Kaisers auf dem Rückweg
von Seeräubern überfallen und all ihrer Dokumente beraubt wurde. Die erhaltene
griechische Fassung der Konzilsprotokolle ist um 13 Canones gekürzt, vollständig
erhalten sind lediglich die »Privataufzeichnungen« von Anastasius. »Hätten
die Legaten Anastasius nicht gestattet, (...) von den Dokumenten eine Kopie
anzufertigen, würden wir niemals erfahren haben, was sich in Konstantinopel in
den Jahren 869/70 wirklich zutrug.« Auf der fünften Sitzung des Konzils, am 20. Oktober, wurde Photios vorgeführt.
Die päpstlichen Legaten fragten ihn: »Nimmst du die Beschlüsse der Päpste,
insbesondere die des Papstes Nicolaus an?« Photios blieb stumm. »Anerkennst du
die Bestimmung des Papstes Hadrianus?« Wieder gab der Befragte keine Antwort.
Da schrien ihm die Legaten in höchstem Zorn zu: »Du bist ein Frevler und
Ehebrecher.« Photios erwiderte nur: »Gott hört mich, auch wenn ich schweige.«
- Die Legaten: »Dein Schweigen wird dich nicht retten!« - Photios: »Auch
Jesus ist durch Schweigen der Verurteilung nicht entgangen.« Diese Antwort löste
einen Sturm der Entrüstung aus. Bis zum Ende der Sitzung schwieg der Grieche. Photios und seine Anhänger wurden im weiteren Verlauf gemäß den Vorlagen
aus Rom in Grund und Boden verdammt. Im 21. Canon wurde der Vorrang der Römischen
Kirche vor allen anderen festgeschrieben: » aber auch kein anderer soll
Aufzeichnungen und Reden gegen den heiligsten Papst des älteren Rom verfassen
und zusammenstellen unter dem Vorwand, bestimmte Vergehen gleichsam ruchbar zu
machen (...).«Diesbezüglich war Anastasius zufrieden, gestand er doch selbst,
daß er auf jenen Moment »sieben Jahre lang energisch« (per septennium ferme)
hingearbeitet hatte (also seit 862/63). Auffallenderweise wurde auf dem Konzil
die Frage über den Hervorgang des Heiligen Geistes - der Filioque-Streit - überhaupt
nicht berührt. Die lateinischen Konzilsteilnehmer hüteten sich nicht nur davor,
die Debatte um das Filioque zur Sprache zu bringen, sondern präzisierten sogar
den griechischen Standpunkt. Nahezu unbemerkt schlich sich in die Bestimmungen des Konzils ein Satz, der für
die weitere Entwicklung der Christenheit wesentlich einschneidendere Folgen
haben sollte als die Verurteilung des Photios. Indem die inzwischen 103
anwesenden Bischöfe die angeblich von Photios vertretene »Lehre von den zwei
Seelen« als Häresie abstempelten, wurde damit - wenn nicht ausdrücklich, so
doch der Intention nach - die Lehre von der menschlichen Trichotomie (die
Unterscheidung von Leib, Seele und Geist als drei Wesensteilen des Menschen) aus
dem christlichen Denken getilgt. Als auf der entscheidenden zehnten Sitzung des Konzils am 28. Februar 870
Photios und die sogenannte »Zwei-Seelen-Lehre« mit dem Bannfluch belegt wurden,
war Anastasius zugegen. Er hielt den Wortlaut der 27 Konzilsbeschlüsse fest;
dort heißt es im XI. Kanon: »Während das Alte und das Neue Testament lehren,
der Mensch habe nur eine denkfähige und vernünftige Seele (unam animam
rationabilem et intellectualem) und alle gottesgelehrten Väter und Lehrer der
Kirche eben diese Meinung bekräftigen, sind einige, auf die Erfindungen der Bösen
eingehend, zu solcher Frevelhaftigkeit herabgesunken, unverschämterweise den
Lehrsatz vorzutragen, er habe zwei Seelen (duas eum habere animas); weiterhin
versuchen sie, in gewissen unvernünftigen Bemühungen mit Gelehrsamkeit, welche
sich als töricht erwiesen hat, ihre eigene Häresie zu bekräftigen. Daher
beeilt sich diese heilige und universelle Synode, diese nichtsnutzige Meinung,
die da keimen will wie das übelste Unkraut, auszureißen, und indem sie in der
Hand die Wurfschaufel der Wahrheit trägt und die ganze Spreu einem unauslöschlichem
Feuer übergeben und die Tenne Christi rein machen will, verflucht sie die
Urheber und Vertreter dieser Gottlosigkeit und alle, die in diesen Dingen Ähnliches
gelten lassen, mit lauter Stimme. Sie bestimmt und gibt bekannt, daß hinfort
niemand in irgendwelcher Weise die Grundsätze der Urheber dieser Gottlosigkeit
besitzen und aufbewahren dürfe. Wenn aber einer sich herausnehmen sollte, im
Gegensatz zu dieser heiligen und großen Synode zu handeln, so sei er verflucht
und ausgeschlossen vom Glauben und Kult der Christen.« Es handelte sich bei der sogenannten »Zwei-Seelen-Lehre« des Photios um
nichts anderes als um die in der Urkirche bekannte und gebrauchte Unterscheidung
des menschlichen Geistes (pneumatikos anthrôpos), der menschlichen Seele (psychikos
anthrôpos) und des physischen Leibes des Menschen (sarkikos oder sômatikos
anthrôpos), wie man sie beim Apostel Paulus wiederfindet (1. Kor. II, 14-15):
»Der seelische Mensch kann nicht in sich aufnehmen, was aus dem Gottesgeist
hervorfließt. Es ist für ihn Torheit; er kann es nicht erkennend aufnehmen,
weil es nur mit Hilfe des Geistwesens erfaßt werden kann. Der geistige Mensch
jedoch vermag alles zu erfassen, ihn aber vermag niemand zu erfassen.« Im 1.
Brief an die Thessaloniker (V, 23) schreibt Paulus: »(...) es bleibe rein und
ungetrübt euer Geist, eure Seele und euer Leib«. Und im Römerbrief (VIII,
15-16) formuliert er: »Ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht,
der Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater! Euch ist der Geist der Sohnschaft
gegeben. Er gibt uns das Recht, Gott als Vater anzurufen. Dieser Geist bestätigt
es uns in Übereinstimmung mit unserem eigenen Geist, daß wir Gottes Kinder
sind.« Diese Unterscheidung wurde unter anderem auch vom hl. Irenaeus getroffen: »Denn
etwas anderes ist der Hauch, der den Menschen beseelt, und etwas anderes der
belebende Geist, welcher ihn vervollkommnet, bis er geistig wird« (V, 12), wie
auch von Klemens von Alexandreia und dem frühen Augustinus: »Und drei sind die
Teile, aus denen der Mensch besteht: der Geist, die Seele und der Leib« (De
fide et symbolo, Kap. X), von Origenes und von Dionysios Areopagites. In
gnostischen und manichäischen Gemeinden war die Trichotomie ohnehin selbstverständliches
Allgemeingut. Sie war noch im 14. Jahrhundert den letzten Katharern vertraut: »Es
gibt im Menschen zwei verständige Substanzen, das heißt zwei Seelen, oder:
eine Seele und einen Geist. Erstere bleibt im Menschen, solange er lebt, aber
die andere, der Geist, kommt und geht und bleibt nicht immer im Menschen.« »Weil die Theologen diese Tatsache der biblischen Trichotomie natürlich
kannten, wagten sie es nicht, durch Konzilsbeschluß einer Offenbarungslehre
offen zu widersprechen. (...) Scheinbar verurteilt das Konzil nur die von
Photios vertretene Lehre von zwei Seelen im Menschen. Wer aber wie Photios von
der Zweiheit der Seelen sprach, der hatte nichts anderes dabei im Sinn als die
Zweiheit von Seele und Geist, einerlei ob er dabei die Platonische Trichotomie
oder den manichäischen Dualismus zugrunde legte. (...) Verdammt also das Konzil
dem Wortlaut nach schlauerweise nur die Lehre von den zwei Seelen, so verketzert
es dem Sinne nach nichts anderes als die Anerkennung des Geistes neben der Seele.
(...) Tatsache ist, daß die Kirche seit jener Zeit nur noch von des Menschen
Seele sprach und den Geist herausdrängte aus der Weltanschauung.« Gerade das Wissen von dem verborgenen geistigen Wesenskern, dem höheren
Selbst des Menschen, wollten führende Kreise innerhalb der Kirche aus dem Bewußtsein
der Christenheit bannen - und eben dies wurde durch die Unterzeichnung des Kanon
erreicht; seit diesem Zeitpunkt durfte im Rahmen der kirchlichen Lehre nicht
mehr vom Menschen als einem geistigen Wesen gesprochen werden. Damit wurde
indirekt bestritten, daß es dem Menschen möglich ist, ein höheres geistiges
Selbst in sich zu erwecken. Durch den Konzilsentschluß offenbarte sich
diesselbe finstere Macht, die zwei Jahrhunderte zuvor den »Impuls« der
persischen Akademie von Gondesahpur ausgelöst hatte. Christliche Gemeinschaften,
die noch um die Trichotomie wußten, wurden seit jenem Konzil zu Ketzern
abgestempelt und notfalls mit Gewalt zum Schweigen gebracht. Künftig sollten
die kirchlichen Dogmen der Seele einen fest umrissenen Glaubensinhalt
suggerieren. Denn wie Paulus wußte man, daß »der seelische Mensch nicht in
sich aufnehmen kann, was aus dem Gottesgeist hervorfließt«, und an die Stelle
des »alles erkennenden geistigen Menschen« sollten die dogmatischen Formeln
treten.
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canandanann 22-02-2003
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